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Experimentelles Entwerfen in der Nachkriegszeit. Der Beitrag von Heinz Isler (1926–2009) aus ingenieur- und kulturhistorischer Perspektive
2018 -

Heinz Isler (1926–2009) zählt zu den international renommiertesten Schweizer Ingenieuren der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts. Er gehörte jener Generation von Bauingenieuren an, denen in den ersten Nachkriegsjahrzehnten eine massgebliche Rolle bei der Gestaltung insbesondere von technischen und infrastrukturellen Bauten an der Schnittstelle zur Architektur zukam. Isler hinterliess ein umfangreiches Œuvre, insbesondere durch seine dünnwandigen Betonschalen trug er massgeblich zur Entwicklung der Ingenieurbaukunst in der zweiten Jahrhunderthälfte bei.
Islers Werk basiert auf experimentellen Entwurfsmethoden und sollte sich konsequent aus drei von ihm bereits 1959 vorgestellten Formfindungsprinzipien heraus entwickeln: der aufgeblasenen Membran, dem hängenden Tuch und dem frei geformten Hügel respektive der Expansionsform. Diese Prinzipien erprobte und überprüfte er stets in verschiedenen Massstäben anhand von Modellen, in denen sein zentrales Entwurfswerkzeug erkannt werden muss. Der Erfolg seiner Schalen war unter spezifischen konjunkturellen Rahmenbedingungen in einem Zeitraum von rund drei Jahrzehnten möglich: Von Ende der 1950er Jahre an gelang es ihm, vor allem von der Schweizer Industrie eine Vielzahl an Aufträgen zu erhalten, jedoch brach die Konjunktur der dünnwandigen Betonschalen Ende der 1970er Jahre merklich ein. Es ist anzunehmen, dass wirtschaftliche Rahmenbedingungen der Boomjahre nach dem Zweiten Weltkrieg entscheidenden Einfluss auf seine Bauproduktion hatten; als diese sich änderten, musste auch seine darauf basierende Bautätigkeit in eine Krise geraten. Darüber hinaus ist zu fragen, inwieweit die nicht zuletzt auch medial vermittelte Wahrnehmung von als «fortschrittlich» apostrophierten Ingenieurbauten im Allgemeinen und die des Baustoffs Beton im Besonderen sich im Zuge der Ölkrisen und der Modernekritik seit den 1970er Jahren gewandelt hat und inwiefern auch dadurch die Krise des «Systems Isler» zu erklären ist.
Das Forschungsprojekt untersucht Islers Werk von einem interdisziplinären Standpunkt aus und arbeitet es erstmals umfassend aus ingenieur- und kulturhistorischer Perspektive auf. Gestützt auf dessen umfangreichen, am gta Archiv der ETH Zürich verwahrten Nachlass geht es Islers Beitrag zur Bauproduktion der zweiten Jahrhunderthälfte nach und nähert sich dem breiten Experimentverständnis, auf das der Ingenieur seine Arbeit stützte und das seine innovativen Beiträge erst ermöglichte. Dadurch können neue Erkenntnisse über fachinterne sowie öffentliche Diskurse in den Entwurfs- und Bauprozessen einer für das Gesicht der gebauten Umwelt noch heute prägenden Zeit gewonnen werden.



SNSF-Forschungsprojekt:
Prof. Dr. Laurent Stalder, Prof. Dr. Joseph Schwartz

Forschungsteam:
Rainer Schützeichel (Forschungskoordination), Giulia Boller, Egor Lykov, Matteo Lorenzini, Prof. Laurent Stalder, Prof. Joseph Schwartz, Matthias Beckh, Thomas Hänsli, Mario Rinke


Forschungspartner:
Johann Kollegger, Matthias Ludwig, Aurelio Muttoni, Sigrid Adriaenssens, Toni Kotnik, Georg Vrachliotis


last modified 4.2.2020